Wort der Ermutigung
Ihr Lieben!
“Die Welt ist mir ein Lachen!”, bekannte Paul Gerhardt ein Jahr vor Ende des 30-jährigen Krieges 1647. Eine der Begleiterscheinungen des Krieges war die Pest. Sie wütete schrecklich und brachte den Tod in viele Häusern. Der 30-jährige Krieg von 1618 bis 1648 war eine schlimme Katastrophe nicht nur auf den Schlachtfeldern, sondern in Dörfern und Städten. Wie kann diese Welt einem lutherischen Theologen ein Lachen sein?
“Auf, auf, mein Herz, mit Freuden nimm wahr, was heut geschicht; wie kommt nach großem Leiden nun ein so großes Licht! Mein Heiland war gelegt da, wo man uns hinträgt, wenn von uns unser Geist gen Himmel ist gereist.
Er war ins Grab gesenket, der Feind trieb groß Geschrei; eh er’s vermeint und denket, ist Christus wieder frei und ruft Viktoria, schwingt fröhlich hier und da sein Fähnlein als ein Held, der Feld und Mut behält.”
Mit der Bilderwelt des 30-jährigen Krieges vor Augen weist Paul Gerhardt auf den wahren Sieger hin: den Christus Gottes, “seinen” Heiland. Wenn wir mit seinen Worten singen, dann wird Christus auch mir zum Heiland und ich bekenne singend: Jesus ist mein Christus, mein Heiland, mein Retter.
Christus mit Fahne ist auch nach den Schrecken des 30-jährigen Krieges ein beliebtes Motiv in der christlichen Kunstgeschichte. An der Decke der Kirche S. Polo in Venedig gibt es eine Gemälde von Giovanni Domenico Tiepolo. Um 1749 entstand das Deckengemälde, fast 100 Jahre nach dem 30-jährigen Krieg. Es zeigt einen springenden und tanzenden Christus mit seinen Wundmalen. Die Fahne ist lässig über die Schulte gelegt. Christus hat die rechte Hand erhoben, so wie es in Psalm 118 angekündigt ist: Die Rechte des Herrn behält den Sieg.
Die Welt ist mir ein Lachen. Es war immer gefährlich, Witze über Diktatoren zu machen. Und doch gab es sie. Unter Lebensgefahr wurden sie erzählt. Den folgenden Witz hatte Pfarrer Joseph Müller ein wenig abgeschwächt erzählt: In der Schule hängt ein Bild von Hitler, daneben eines von Göring. Dazwischen ist noch Platz. Der Lehrer fragt: „Was machen wir mit dem Platz?“ Ein Kind antwortete: „Da hängen wir Jesus dazwischen, der hing auch zwischen zwei Verbrechern.“ Pfarrer Müller wurde verhaftet und starb im „Pfaffenblock“ des KZ Dachau.
Die Welt ist mir ein Lachen! Wirklich?
Ostern 2020. Vielen Menschen ist die Welt gerade kein Lachen. Und einer der prominentesten Politiker, der lange Zeit über die Gefährlichkeit des Corona-Virus gelacht hatte, liegt auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Gott allein weiß, warum er gelacht hatte. Hanns-Dieter Hüsch konnte bekennen: “Was macht, dass ich so unbeschwert, und mich kein Trübsal hält, weil mich mein Gott das Lachen lehrt, wohl über alle Welt.” Bei den Mächtigen auf Erden bin ich mir nicht so sicher, ob sie dabei den Allmächtigen im Blick haben. Es gilt zu bedenken: Niemand, dem die Welt um des Allmächtigen willen ein Lachen ist, sollte sich und die anderen Menschen unnötig gefährden. Das ist ein Gebot der Liebe. Deshalb sind die Kirchen auch zu Ostern nicht für Versammlungen geöffnet.
Aber Lachen hilft bekanntlich. Auch in Corona-Zeiten: “Heute war ich in der Bank zum Geld abheben. Da betraten drei maskierte Männer die Bank. Zum Glück war es nur ein Überfall… Ich dachte schon, es hätte etwas mit Corona zu tun.” Zwei Corona Viren begegnen sich im Supermarkt. Freudig erregt sagt Virus 1: “Wir sind endlich berühmt, berühmter als alle anderen Grippe-Viren, die schon so lange bekannt sind. Ist das nicht spitze?” Virus 2 antwortet: “Ja, schon! Aber leider dürfen wir uns jetzt kaum noch treffen.”
Die Welt ist mir ein Lachen! Selbst im Krieg, der vor den Unbeteiligten nicht Halt macht. Selbst in der Diktatur, die die Anzahl der Märtyrer vergrößert. Selbst in der Pandemie, die ihre Opfer fordert. Unumstritten sind Humor und Witz in schwerer Zeit nicht. Aber es gibt einen guten Grund dafür. “Die Rechte des Herrn ist erhöht. Die Rechte des Herrn behält den Sieg!” (Psalm 118,16)
Und wenn wir den Sieg unseres Gottes schon nicht in der vertrauten und von vielen vermissten Gemeinschaft feiern können, dann können wir uns in unseren Häusern daran erinnern und darüber erfreuen. Im 2. Brief an Timotheus schreibt der Apostel Paulus (2,8-13):
“Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der auferstanden ist von den Toten, aus dem Geschlecht Davids, nach meinem Evangelium, für welches ich leide bis dahin, dass ich gebunden bin wie ein Übeltäter; aber Gottes Wort ist nicht gebunden. Darum dulde ich alles um der Auserwählten willen, auf dass auch sie die Seligkeit erlangen in Christus Jesus mit ewiger Herrlichkeit. Das ist gewisslich wahr: Sind wir mit gestorben, so werden wir mit leben; dulden wir, so werden wir mit herrschen; verleugnen wir, so wird er uns auch verleugnen; sind wir untreu, so bleibt er treu; denn er kann sich selbst nicht verleugnen.”
Das ist es! Jesus Christus ist von den Toten auferstanden. Das ist das Evangelium, die frohe Botschaft, das Wort Gottes. Gottes Wort ist im Jahr 2020 nicht gebunden, nur weil die Kirchen nicht geöffnet sind. Gottes Wort wird so vielfältig gepredigt und gehört, aufgenommen und angenommen, gelesen und bedacht. Es ist frei. Die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen Annette Kurschus hat gesagt: “Die Botschaft des Lebens wird sich überraschend neue und ungewohnte Wege suchen. Ich bin gewiss: Das wird in aller Ungewissheit dieser Zeit eine stärkende und hoffnungsvolle Erfahrung sein.” (Unsere Kirche Nr. 16) Überall gibt es Hausgottesdienste, Fernseh- und Radiogottesdienste, Schriftauslegungen in Zeitungen und Homepages, YouTube-VideoBotschaften. Die Glocken werden geläutet.
Das ersetzt uns zwar nicht die Freude an der Gemeinschaft untereinander. Wie sehr werden die Geschwister im Glauben an den Sonn- und Feiertagen vermisst, wie sehr die Großeltern von den Enkeln, die Kranken von den Gesunden. Schon Paulus bekannte, dass er um der Auserwählten willen leidet. Wir leiden auch. Um der Auserwählten willen duldet die christliche Kirche heute das Versammlungsverbot und verzichtet auf liebgewordene Gesten der Wertschätzung per Handschlag, Schulterklopfen und Umarmung. Das ist ihr Dienst am Nächsten. Nicht nur an den “Auserwählten”, sondern an allen Menschen.
Auserwählt ist nicht ausgrenzend. Das wäre ein Missverständnis. Wer aber ist auserwählt?
Auserwählt ist jeder Mensch, der durch den Geist Gottes erkannt hat und im Glauben und durch den Glauben bekennen kann, dass es einen Gott gibt, der Israel zu seinem Volk gemacht und durch die Auferstehung seines Sohnes die Welt aus dem Machtbereich des Bösen, der Sünde und des Todes erlöst hat. Erlöst ist die Welt auch für die, die das weder wissen, noch ahnen, noch zur Kenntnis nehmen oder sogar leugnen wollen. Alle sind gerettet und eingeladen, sich dessen bewusst zu werden.
Martin Luther übersetzt das griechische Wort für Rettung und Erlösung mit Seligkeit. Durch den Begriff Seligkeit wird Rettung und Erlösung allumfassend. Rettung und Erlösung erfährt der Mensch in dieser Zeit und darüber hinaus, in der sichtbaren und vergänglichen Welt und in der unsichtbaren und ewigen Welt. Und mehr noch. Selig ist der Mensch, der gerettet ist und sich dessen auch bewusst geworden ist. Selig ist der Mensch, der erlöst ist und das glaubt. Durch und mit dem Messias Israels, dem Christus aus der Familie des Königs David, dem Sohn der Maria, Jesus wird diese Seligkeit erlangt.
Daran gilt es auch in schwerer Zeit festzuhalten. Und wem das nicht gelingen will, der kann dennoch darauf vertrauen, dass Christus treu zu seinen Verheißungen stehen wird. “Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach!”, hatte Jesus zu den Seinen im Garten Gethsemane gesagt. Kurze Zeit später traten sie alle die Flucht an und ließen ihn allein zurück. Jesus wurde gefangengenommen, verhört, verurteilt, gefoltert und gekreuzigt. Doch er blieb seinen Jüngern treu. Nach der Auferstehung erschien er ihnen, sprach mit ihnen und aß mit ihnen. So erfuhren sie, dass nichts die Treue ihres Herrn zu ihnen erschüttern konnte.
Später waren viele von ihnen sogar bereit, ihr Leben für Jesus zu lassen. Sie wussten, wenn sie mit der Treue zu Jesus sterben, werden sie mit ihm leben. Sollte Geduld notwendig sein, so wird sich diese Geduld lohnen. Die Geduldigen werden mit Christus herrschen. Herrschen heißt nicht unterdrücken, sondern keine anderen Mächten, Krankheiten und Gewalten über sich herrschen lassen; keine Diktatoren und keine Viren, keine Bösen und nichts Böses.
Dann – ja erst dann kann die Welt uns allen ein Lachen sein. Sie war es bereits für Paul Gerhardt. Sie war es wohl auch für Giovanni Domenico Tiepolo. Sie war es für Menschen in Diktaturen und Unterdrückung, für Menschen wie Paulus und Joseph Müller. Sie wird es hoffentlich auch für uns alle in dieser Pandemie sein. Jesus Christus lebt. Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja. Amen.
Ihr Pfr. Uwe Hasenberg, Vorsitzender des esb