Vom Bundesvorsitzenden Pfarrer Uwe Hasenberg
Liebe Schwestern und Brüder,
Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist. (Jahreslosung 2021, Lukas 6,36).
Immer wieder wird der Mensch ermutigt, so zu leben, wie es dem Wesen Gottes entspricht. Weil Gott Liebe ist, wird der Mensch ermutigt, Gott und seine Mitgeschöpfe zu lieben wie sich selbst. Weil Gott heilig ist, sollen auch die Menschen seines Volkes heilig sein. Weil Gott vollkommen ist, sollen sie auch vollkommen sein. Aber ist das nicht eine Zumutung?
Vollkommen ist nicht perfekt. Nobody is perfect, sagt ein englisches Sprichwort. Kein Mensch ist ohne jeden Fehler. Doch das Adjektiv „vollkommen“ hat auch noch eine andere Bedeutung und die lautet: Vollkommen ist das, was keiner Verbesserung oder Ergänzung bedarf. In diesem Verständnis ist die Gnade Gottes vollkommen. Sie bedarf keiner Ergänzung. Die Vergebung Gottes ist vollkommen, denn Christus ist einmal am Kreuz gestorben und von den Toten auferweckt worden. Vollkommen ist der Mensch, der aus dieser Vergebung lebt.
So ist die Jahreslosung 2021 weniger als eine Zumutung, sondern als eine Ermutigung zu verstehen. Mit dieser Ermutigung haben wir uns ans Werk gemacht. Barmherzigkeit war das große Thema gerade auch im gesamtgesellschaftlichen Leben. Wie drückt sich Barmherzigkeit aus? Durch Nähe oder Distanz? Wie barmherzig sind die Menschen gegenüber Menschen anderer Überzeugungen, ihres Freiheitsverständnisses, ihrer Solidarität gegenüber so genannten „Risiko-Gruppen“? Vielerorts ist eine Zunahme der Aggressivität und der Ich-Zentriertheit zu mindestens subjektiv festzustellen. Die Ermutigung zur Barmherzigkeit und zur Orientierung an das, was dem Leben nutzt und schützt, ist in Erinnerung zu bringen – nicht nur unter Christinnen und Christen, aber besonders unter ihnen. Zur christlichen Freiheit gehört die Liebe, nicht nur der Glaube.
Der Evangelische Sängerbund ermutigt seine Mitglieder, barmherzig zu sein, aus Liebe Rücksicht zu nehmen und die Gefährdeten nicht aus dem Blick zu verlieren. Auch im 2. Jahr nach Ausbruch der Pandemie haben die Chöre weiterhin unter den Folgen zu leiden gehabt. Die Warnungen der Virologinnen und Virologen vor den Aerosolen haben viele Sängerinnen und Sänger sehr ernst genommen und haben sich weiterhin nicht getraut, an Chorproben und Chorauftritten teilzunehmen. Manche Chöre haben digital geprobt. Dabei hat sich das Gemeinschaftsgefühl beim Singen nicht einstellen können. Manche Chorarbeit ist gänzlich zum Erliegen gekommen. Die Gründe sind vielfältig und nachvollziehbar. Das ist zwar bedauerlich, aber nicht zu verhindern gewesen. Die große Herausforderung ist die Wiederaufnahme der Chortätigkeit, die Kontaktpflege mit den Verunsicherten und denen, die weder andere noch sich selbst gefährden wollen. Was machen Sängerinnen und Sänger, die ihren Chor verloren haben? Sind sie bereit, in bereits existierenden Chören zu singen? Könnten sie sich zu einer Chorgründung zusammenschließen? Was wird dazu benötigt? Wie können wir im esb uns einbringen? Durch die Mitarbeitenden? Durch Fortbildungsangebote? Durch jahrzehntelange Erfahrung?
Der Bundesvorstand hat das in seinen Sitzungen im Blick gehabt. Im November hat er sich wieder in Präsenz getroffen, im Frühjahr war die Sitzung digital.
Momentan hat der Evangelische Sängerbund 413 Einzelmitglieder und 36 Chöre mit 670 Chormitglieder. 22 Einzelmitglieder sind ausgetreten oder verstorben, 7 Chöre haben sich abgemeldet. Aus den 7 aufgelösten Chören haben sich 7 Personen als Einzelmitglieder aufnehmen lassen.
Ein Ende der Pandemie ist nicht in Sicht. So bleibt die Situation weiterhin noch angespannt.
Vor einer großen Herausforderung stand der esb nach der Kündigung des Leiters der Geschäftsstelle. Berthold Schmitt, der über 2 Jahrzehnte treu und gewissenhaft seine Arbeitskraft in den Dienst des esb gestellt hatte, entschloss sich, eine neue Herausforderung in Süddeutschland anzutreten. Der Bundesvorstand stellte sich auf eine längere Vakanzzeit und eine schwierige Bewerbungssituation ein. Aber es kam anders. Eine Initiativbewerbung ging ein, erste Sondierungsgespräche wurden geführt und schon war er gefunden: der neue Leiter der Geschäftsstelle des esb: André Maurer. Nach ein paar Wochen der Einarbeitung, in dem der „alte“ und der „neue“ Leiter zusammenwirkten, gelang der Übergang reibungslos und hervorragend am 21. Juni 2021. Wir freuen uns sehr über das, was wir nur als Erweis der Güte Gottes sehen können, und hoffen, dass André Maurer, dem Evangelischen Sängerbund lange erhalten bleiben wird. Er selbst hat mir gegenüber gesagt, dass er davon immer geträumt hätte. Vielleicht sieht er das ja immer noch so. Der Bundesvorstand ist voll des Lobes über seine Arbeit.
Auch in der schwierigen gesamtgesellschaftlichen Situation ist der Evangelische Sängerbund stets seinen Pflichten nachgekommen, hat die Gehälter bezahlen können und war seinen Angestellten ein verlässlicher Arbeitgeber. Das ist denen zu verdanken, die nicht nachgelassen haben zu spenden und ihre Mitgliedsbeiträge zu bezahlen, also auch Euch. Außerdem sind wir in den Nutzen einer Erbschaft gekommen. Selbst im Tode zeigt sich die Treue zum esb. Wir werden das in dankbarer Erinnerung halten und bewahren. Zwei treue Mitglieder, die keine Bundeshauptversammlung versäumt haben, sind gestorben, an die wir sehr gute Erinnerungen haben: Margret und Hanna Bode. Mögen sie nun auf die Mitglieder des Evangelischen Sängerbundes im himmlischen Chor treffen und mit ihnen Gott loben und zu seiner Ehre singen.
Am Ende des Jahresberichtes möchte ich mich bedanken bei unserem Musikreferenten Thomas Wagler, bei den Mitarbeitenden in der Geschäftsstelle André Maurer und Elke Wicke, bei den weiteren Beisitzenden im Bundesvorstand: Frank Grebe, Eva Herwig und Helmut Hoeft. Bei den Delegierten der Bundeshauptversammlung und bei allen, die dem Evangelischen Sängerbund die Treue halten. Vielen Dank!